Dienstag, 28. August 2012

Tut mir leid, dass ich so viel von ihm rede, aber irgendwie fühlt sich zum ersten Mal in meinem Leben etwas richtig an.

Wir sitzen uns gegenüber auf dem Fensterbrett. Ich merke wie sein Blick auf mir ruht und trotzdem versinke ich in Gedanken. Meiner Mutter wurde das Sorgerecht entzogen, aber kann man einer Mutter das Sorgerecht entziehen? Sie hat viel Scheiß gebaut und in dem ganzen Alkohol den sie trinkt, könnte sie meine Probleme auch gleich ertränken, aber wenn es hart auf hart kam war sie für mich da. Ich liebe sie und ich will nicht von ihr weg. Fast automatisch wandert meine Hand zu dem kleinen Spalt zwischen Rolladenkasten und Fenster. Eine Art Geheimversteck auch wenn es nicht wirklich geheim ist. Er lacht. "Wollten wir nicht aufhören, Madame?" Ich grinse ihn an und ziehe die Zigarettenschachtel heraus "Wollten wir." Fast zeitgleich holt er ein Freuerzeug aus seiner Hosentasche mein Grinsen wird noch breiter. "Wusst ich's doch", lache ich während er sich zu mir beugt um meine Zigarette anzumachen.
Eine Zeit sitzen wir einfach schweigend da. Ich schaue dem Rauch hinterher, als er nach meiner Hand greift und seine Finger mit meinen verschränkt.  Ich schaue auf unsere Hände, wenn etwas richtig aussehen kann, dann sehen sie richtig aus. Jetzt sind wir also zusammen, denke ich. Mir fällt die Frage meines Therpeuten von gestern wieder ein. Luisa, würdest du dein Leben ändern, wenn du könntest? Gestern wusste ich keine Antwort darauf, heute weiß ich sie. Ich würde sein Leben ändern. Er hat das alles nicht verdient. Er hat eine glückliche Familie, eine gesunde Mutter und Schwester verdient. Er hat es verdient geliebt zu werden und einfach der zu sein der er ist, ohne das ihm ständig jemand Vorwürfe macht. Er hat eine glückliche und ruhige Kindheit verdient. Menschen, denen er wichtig ist, aber nicht das Leben, das er gerade führt, mit Augen voller Traurigkeit und Müdigkeit. Ein lächeln, dass nur selten sie Augen erreicht. Ein Leben, dass völlig sinnlos erscheint.
Ich schaue hoch, dirket in seine Augen, er hat mich die ganze Zeit beobachtet. Ich lächle ihn an.
"Danke."
Kurz spüre ich seine Lippen auf meinen, den Geschmack nach Zigaretten und Pfefferminze, dann verschwinde ich ein rosarote Welt voller Herzen, Sonne, Glück und Liebe.

Samstag, 25. August 2012

Kennt ihr dieses Gefühl, wenn euer Herz all diese Gefühle nicht mehr verarbeiten kann und es dann einfach furchtbar weh tut. Es fühlt sich an als würde es tausend Kilo wiegen und nur an einem Seidenfaden hängen und jeden Moment könnte er reisen und das Herz würde in millionen kleine Teilchen zerspringen.

Es ist warm, es ist warm und ich laufe in langer Hose und langem Oberteil durch die Straßen, denn mir ist kalt. Es ist kalt.
Ich brauche gar nicht erst zu klingeln, er stand hinter der Tür und hatte auf mich gewartet. Den ganzen Weg musste ich wie eine Gestörte lächeln. Ich habe einen wirklich grauenvollen Schultag hinter mir und meine Vorfreude war so riesig. Hätte ich gewusst, was mich erwartet wäre ich nie hingegangen.  Hinter der Tür stand allerdings nicht mein bester Freund, wie ich ihn kannte. Das Gesciht war eingefallen und unter seine Augen waren tiefe, dunkle Ränder. Er trug einen langärmligen Gammelpulli, der ihm viel zu groß war. Seine Augen sahen mich ausdruckslos an.
Ohne ein weiters Wort ging ich an ihm vorbei, die Treppen hoch und in sein Zimmer. 'Wieso macht er sowas?'  Ich konnte keine klaren Gedanken fassen. Ich weiß, warum es ihm schlecht ging, ich weiß warum er Sorgen hat, aber ich weiß auch, dass das keine Lösung ist. Und er weiß es auch.
Ich merke wie er sich neben mich aufs Bett setzt. "Alles in Ordnung?" Ich springe auf. "Alles in Ordnung?! Ist das dein Ernst?! Schau dich doch mal an. Glaubst du ich hab keine Augen im Kopf? Warum machst du so einen Scheiß? Was soll das?" Ich merke wie die ersten Tränen über meine Wangen laufen. "Luisa, ich weiß es selbst nicht. Ich habe nur ein paar Tage etwas weniger gegessen. Mir ist einfach nicht danach. Meine Familie bricht ausei..." "Dir ist einfach nicht danach? Ein bisschen weniger gegessen?" Meine Stimme überschlägt sich. "Ich kanns nicht glauben. So wie du aussiehst isst du nichts. Bist du von allen guten Geistern verlassen?" In mir macht sich dieses Gefühl von absoluter Hilfslosigkeit breit. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er seine Ärmel über dir Hände zieht. Ich bin so dumm. Ich hätte es schon viel früher sehen müssen, ich hätte nicht immer nur an mich denken dürfen. Ich habe das Bedürfnis meinen Kopf gegen die Wand zu schlagen. "Luisa, es tut mir leid. Ich weiß einfach nicht wohin mit mir und alldem. Ich werde damit..." "Aufhören?" fahre ich hin an. "Du kannst doch keine Ahnung in was für einen Scheiß du dich da begibst. Du weißt odch überhaupt nicht wie sich das alles wirklich anfühlt. Vielleicht kannst du gar nicht mehr aufhören. Das sind doch alles keine Lösungen. Du machst so alles nur noch viel schlimmer. Du flüchtest dich in etwas, dass dich zerstört. Einfachso ohne jede Art von Vorwarnung. Bitte." Ich kann nicht mehr, ich kann keine einzige Sekunde länger in diesem Raum bleiben. Ich laufe raus aus dem Flur. Ich merke wie sich seine Hand um meinen Oberarm schliest und er mich zurück zieht. Mit aller Kraft versuche ich mich los zu reisen, aber lehne mich nach einem letzten Versuch mit dem Rücken erschöpft an die Wand. Er steht vor mir. Ein scharf klingend: "Was?"entfährt mir. Er atmet tief durch .

"Luisa, ich liebe dich."


Donnerstag, 2. August 2012

Wisst ihr, dass ich fest daran glaube, dass es einen Menschen auf dieser Welt gibt zu dem man perfekt passt. Manche mögen das dann Liebe nennen, aber für mich ist es viel mehr als Liebe. Es entsteht ein 'wir' und dieses 'wir' ist stärker als alles andere, es ist nicht so zerbrechlich wie Liebe, ganz im Gegenteil, es ist ein Stüze auf die du immer, aber auch wirklich immer zählen kannst. Ich habe dieses 'wir' gefunden, glaube ich.

Ich weiß nicht wie lange wir schon hier sitzen. Immer wieder schaue ich den Vögeln nach, wenn sie sich aufschwingen und davon fliegen. Was würde ich darum geben es genauso tun zu können. Aber es ist gar nicht so leicht, wenn ich eins gelernt habe, dann ist es, dass man seine Problem immer mit sich nimmt, egal wie lang und weit man rennt, sie bleiben nicht einfach zurück. Sie kommen immer mit.
"Luisa?", seine Stimme lässt mich aus meinen Gedanken schrecken. Ich nicke nur, wende meinen Blick aber nicht vom Himmel ab.
"Glaubst du, du musst... bleibst jetzt hier? Also ich meine ob...naja...
...ob ich wieder in die Klinik gehe?" beende ich seine Frage.
"Ich denke nicht, ich bin doch jetzt gesund!" Meine Stimme überschlägt sich fast vor Ironie. Es ist ganz einfach zu viel. Wie viel kann ein Mensch ertragen bevor er daran zerbricht? Langsam ziehe ich die Beine an mich, verstecke meinen Kopf zwischen den Knien und fange an zu weinen. Es fühlt sich an als würde ich alle Tränen, die ich besitze weinen. Er legt seinen Kopg auf meine Sschulter und es dauert eine ganze Weile bis ich merke, dass auch er weint. Wir weinen beide. "...bis die Augen Meer werden." Durch die Lücke zwischen meine Beinen sehe ich, wie er seine Tränen aus dem Gesicht wischt und aufsteht. Ich bleibe einfach sitzen. Eigentlich sind Tränen etwas Gutes, sie zeigen das du lebst. Weinen, ist eigentlich etwas gar nichts so Schlechtes. Ich atme tief ein. Zwei, drei, vier. Es geht mir besser. Besser als davor.
Er kommt mit zwei Tassen und einer Teekanne zurück. Wir lehen uns an der Gartenmauer an. Eine ganze Zeit lang beobachte ich ihn. Ich mag diesen Ausdruck nicht, wenn Menschen einfachso ins Nichts starren. Abrupt dreht er den Kopf in meine Richtung. "Schöne Augen," zwinkert er mir zu. "Hä?" entfährt es mir. Er lacht "warum beobachtest du mich?" "Nur so. Warum hast du geweint?"
"Willst du es wirklich wissen?" Ich nicke.

Wenn man zu sehr in Selbstmitleid und Selbsthass versunken ist, vergisst man manchmal, dass es auch andern Menschen furchtbar schlecht geht. Ich hasse mich dafür, dass ich es nicht früher gemerkt habe. -oh schon wieder.