Sonntag, 14. April 2013

"Hey."
"Was machst du denn hier?"
Ich atme tief ein.
"Ich wollte nach dir schauen, wie es dir geht und ich wollte dich einfach mal sehen."
"Mir gehts gut, nach mir muss niemand schauen."
Einen kurzen Moment denke ich, er haut mir die Tür vor der Nase zu. Etwas unbeholfen stehen wir uns ein paar Moment gegenüber. "Ja, ehm.. dann komm rein." Kurz dreht er sich noch einmal um und gibt mir einen schnellen Kuss, dann geht er weiter in die Küche. Unschlüssig was ich jetzt machen soll, stehe ich im Flur als ein Gedanke sich breit macht. Er liebt mich nicht mehr. Wie konnte ich das eigentlich die ganze Zeit nicht merken? Mit einem mal kommt es mir total offensichtlich vor. Mir ist nach weinen zumute oder vielleicht nach schreien. "Kommst du oder möchtest du im Flur bleiben?" Ich schüttel meinen Kopf in der Hoffnung, dass der schlechte Gedanke weggeht, aber er scheint nicht zu verschwinden. "Ich komme." meine Stimme bricht ab. Es riecht nach Essen und als ich die Küche betrete steht er am Herd. Er dreht sich zu mir und lächelt. Er liebt mich nicht mehr. "Das gerade eben tut mir leid, ich weiß nicht was los war. Ich bin froh, dass du da bist." Er kommt auf mich zu und zieht mich in seine Arme. Ich vergrabe meinen Kopf an seiner Brust. Er liebt mich nicht mehr. "Wenn du magst kannst du gerne mit essen. Ich glaube meine Mama ist nicht da, aber.. NICIIIII?" Kurze Zeit später steht seine kleine Schwester in der Küche und wir decken zusammen den Tisch. Mir ist schlecht, aber ich esse trotzdem mit. Ich lache an den richtigen Stellen, erzähle ein bisschen von der neuen Familie und höre Nici zu, wie ihr Kunstbild aussieht, dass sie in der Schule gemalt hat. Kurze Zeit später verkündet sie, dass sie hochgeht und weiterspielt.
"Du bist mir böse, weil ich dich vorhin so angegangen hab, stimmts?"
Ich zwinge mich zu lächeln. "Nein, ist schon wieder vergessen." Ich werfe ihm ein Kuss zu und kommt um den Tisch gelaufen und umarmt mich. "Tut mir leid." Ich drehe mich so, dass ich ihn anschauen kann und mein lächeln wird echt. "Ja, du musst dir was Gutes einfallen lassen um das wieder gut zumachen. Sonst bin ich den Rest meines Lebens böse auf dich." Gespielt erschrocken schlägt er die Hände vor dem Mund zusammen. "Das können wir nicht zu lassen." Ich muss lachen, weil er so dämlich dabei aussieht. "Aber zu unserem Glück weiß ich wirklich was, damit du nicht mehr sauer bist. Setzt dich raus in den Garten und wehe du kommst rein bevor ich dich rufe."
Im Garten habe ich viel zu viel Zeit zum nachdenken, aber ich komme zu dem Schluss, dass ich das Problem an der Sache bin. Vielleicht nicht das Problem, aber ich sehe ein Problem, das es wahrscheinlich gar nicht gibt. Natürlich ist in letzter Zeit einiges nicht gerade rund gelaufen und wir hatten uns wenig zusagen und haben uns kaum gesehen, aber Gefühle gehen nicht einfach so weg. Vielleicht sollte ich das ganze entspannter sehen, ein wenig mehr loslassen. Ich atme tief durch und zähle bis 10. Heute war alles gut, heute war alles wie früher. Es war einfach nur eine Kurzschlussreaktion in meinem Kopf. In mir kehrt Ruhe ein. Ich schaue auf meine Beine und durch meine Sonnenbrille sehen sie richtig braun aus. So braun werde ich wahrscheinlich nie sein, aber ich freue mich trotzdem auf den Sommer. Vogelgezwitscher macht alles besser. Ein bisschen erträglicher.
"Tatdaaaa." Mit zwei Waffeln Eis steht er vor mir und grinst über beide Ohren. "Oh, danke." sage ich und greife nach dem kleinern. Er beugt sich vor und flüstert mir ins Ohr. "Keine Sorge, wir haben das gestern selbst gemacht, es ist kein Zucker drin, nur Obst püriert und gefroren." Ich verkneife mir erleichter auszuatmen und gebe ihm stattdessen einen Kuss. Er greift nach meiner Hand und zieht mich hoch. "Wir gehen ein bisschen spazieren. Wir haben viel zu wenig Zeit zusammen verbracht die letzten Wochen, das war richtig scheiße." "Ja, das war es wirklich."

Vielleicht meint es mein Leben doch einmal gut mit mir.

Dienstag, 2. April 2013

-2-

Es freut mich sehr, dass es wirklich noch Leser gibt. Ich werde mir große Mühe geben, regelmäßig etwas zu schreiben. Ich bin euch sehr dankbar. 

Eigentlich ist es viel zu früh um aufzustehen oder überhaupt irgendwas zumachen, aber ich kann nicht mehr schlafen. Ich bin seit fast 2 Monaten in meiner 'neuen Familie' und langsam fühlt es sich ein bisschen nach echter Familie an. Es ist wie ein bisschen Heimat geworden, auch wenn ich meine Mutter vermisse. Es war zwar nicht immer alles gut zwischen uns, aber sie ist und bleibt meine Mama. Manchmal wünsche ich mir, sie würde einfach hier auftauchen und sagen, dass alles wieder gut ist und wir uns ein neues Leben zusammen aufbauen. Ich atme tief durch und versuche meine schlechten Gedanken abzuschütteln, als sich die Tür einen Spalt öffnet. "Luisa?" es ist kaum mehr als ein Flüstern, fast automatisch hellt sich meine Stimmung auf. "Komm rein." Freudig hüpft sie zu mir aufs Bett. "Schaust du mit mir Fernseher?" Ich lache. "Bist du gar nicht mehr müde?" Heftig schüttelt sie den Kopf und ihre Locken hüpfen aufgeregt hinundher. "Nein, gar nicht mehr." Ich kann nicht recht sagen warum, aber mein Herz wird warm, wenn sie da ist. Eigentlich habe ich mir nie eine kleine Schwester gewünscht, aber jetzt ist es schön jemand so jung und so glücklich zu sehen. "Dann geh schnell vor, ich komm gleich nach." Gähnend ziehe ich mir eine Hose über und versuche meine Haare irgendwie halbwegs akzeptabel hochzubinden. 

Er lässt sich lautstark auf das Sofa fallen. Kurz bleibt sein Blick am Fernsehr hängen. Dann bricht er in schallendes Gelächter aus. "Das ist nicht euer Ernst?" Mit ausgestrecktem Finger deutet er auf den Bildschirm. "Das ist Baby-Kram!!" Bevor ich was sagen kann, hat sie sich vor ihm aufgebaut. Kampfbereit hat sie die Arme vor der Brust verschränkt und ihr Anblick lässt mich lächeln. "Ist es gar nicht. Du bist Baby-Kram." wütend streckt sie ihm die Zunge raus.
 "Was ist denn bei euch zwei schon wieder los?" Behutsam hebt er sie hoch. "Warum schreist du so laut rum am frühern Morgen?" "Tobi sagt, dass das Baby-Kram ist." Er lacht. "Hör einfach nicht drauf. Ich glaube Mama und Papa sind wach, magst du nicht schnell gehen und ihnen guten Morgen sagen?" "Ich geh zu erst." "Nein! Das ist gemein." Ich kann  nicht anders und muss lachen.
 Er setzt sich neben mich aufs Sofa. "Jeden Morgen das Gleiche. Hast du gut geschlafen?" "Es geht. Und du?" "Mhhh, ja aber viel zu kurz." "Das kannst du laut sagen." Er streckt sich ausgiebig als er plötzlich inne hält. "Hast du Lust heute Abend mitzukommen?" Die Leichtigkeit verschwindet genauso schnell wieder wie sie gekommen ist. "Wohin?" meine Stimme ist zu hoch und viel zu schrill. "Meine Freundin wird morgen 17 und wir feiern alle zusammen rein. Es hat bestimmt niemand was dagegen, wenn ich dich mitnehme." In meinem Kopf überschlagen sich Gedanken und ich vergesse ganz, dass jetzt der Teil kommen sollte an dem ich antworte. "Komm schon, wird bestimmt lustig." Hektisch suche ich nach einer Antwort und Ausrede zugleich. "Aber ich kenne doch niemand. Das ist dann total blöd." Er grinst. "Ich kenne niemand, zählt nicht. Irgendwann musst du mal ein paar Leute kennenlernen." Kurz hält er inne. Als er weiter spricht ist seine Stimme ernst. "Schau Luisa, ich bin kein Therapeuten-Heini oder so, aber du musst raus. Du bist 17." Er springt auf. "Du hast genug verpasst. Jetzt los, hab mal ein bisschen Spaß." Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe und starre vor mich hin. Immer wieder hallt es in meinem Kopf. Ich kann nicht mitkommen. "Gut. Wir fahren heut' Abend um 19 Uhr los." "Was, nein?!" entfährt es mir. "Oh du hast Recht, das ist zu früh. Dann gegen 19.30?" Er grinst mich an. Ich schau ihn an und muss schließlich auch grinsen. "Spast." "Ich wusste, dass du ja sagst. Auch Kaffe?" Ich schüttel den Kopf. Na das kann was werden. "Gern." 

So jetzt geht es also los. Ich sterbe schon jetzt vor Aufregung. Ich weiß, für die meisten ist es etwas ganz Normales. Ich habe Angst. So viel, dass ich fast nicht atmen kann. Aber ich probiere es heute mit Optimismus.